Arbeitspapier 1981
Ziel und Zweck des Philosophieunterrichts
- Das Ziel des Philosophieunterrichtes ist es, die Lernenden zum selbständigen Philosophieren zu führen.
- Philosophie ist die Auseinandersetzung mit der allem menschlichen Wissen, Glauben und Handeln unauflösbar innewohnenden Problematik.
- Sie ist als systematische und kritische Analyse objektiver Gegebenheiten lehr- und lernbar im Sinne wissenschaftlicher Lehr- und Lernbarkeit.
- Sie lässt sich in intersubjektiv verifizierbaren und nachvollziehbaren Sätzen aussagen und mitteilen, aber nicht einfach durch die Vorgabe zu lernender Aussagen vermitteln und durch das Erlernen solcher Aussagen als sichere Kenntnis erwerben und besitzen, sondern nur im selbständigen dialogischen Denken vollziehen.
- Philosophie hat ihren eigenen Gegenstand und beansprucht daher zu Recht die Stellung einer eigenständigen Wissenschaft. Denn :
- Die Problematik, mit der sie sich auseinandersetzt (siehe 2), ist nicht identisch mit der jeder Wissenschaft eigenen Problematik, die eben diese Wissenschaft in eigener Anstrengung und durch ihre eigene Entwicklung zu bewältigen hat.
- Die Philosophie ist also nicht die Verallgemeinerung dieser Problematiken, auch keine Synthese des gesamten menschlichen Wissens und noch weniger ein Weg zu den ewigen und absoluten Wahrheiten, wie es ein religiöser oder ideologischer Glaube ist oder sein kann.
- Dem Philosophieunterricht dürfen deshalb, gerade weil er so grundlegend und wichtig ist, keine Aufgaben übertragen werden, die er als Philosophieunterricht nicht erfüllen kann.
Fragen
- Sind Sie mit diesen Thesen einverstanden ?
- Fehlt etwas Wichtiges ?
- Welche Thesen müssen gerindert werden ?
Ziele
A. "Ziel der Maturitätsschulen aller Typen ist die Hochschulreife. Sie besteht im sicheren Besitz der grundlegenden Kenntnisse und in der Fähigkeit, selbständig zu denken, nicht aber in möglichst weit vorangetriebenem Fachwissen. ... Die Maturitätsschule soll gebildete Persönlichkeiten formen, die zu gemeinsamer Arbeit Fähig und die sich als Glieder der Gesellschaft ihrer menschlichen und staatsbürgerlichen Verantwortung bewusst sind." (MAV, Art. 7)
B. "Das Obligatorium der acht Fächer Muttersprache, zweite Landessprache, Mathematik Geschichte, Biologie, Geographie, Physik und Chemie vermittelt allen den sicheren Besitz der grundlegenden Kenntnisse." (Bericht "Die Reduktion der Maturitätstypen und Maturitätsfächer", S. 30)
- Soll das Ziel (A) erreicht werden, ist es angebracht, der Philosophie den ihr gebührenden Platz im Mittelschulunterricht einzuräumen.
- Das Obligatorium der acht Fächer (cf B) ist weder der einzige noch der sicher richtige Weg zum sicheren Besitz der grundlegenden Kenntnisse (cf unsere Stellungnahme und jene der SPG zum Bericht "Die Reduktion..." in unseren Mitteilungen vom 31.12.80).
- Die Fähigkeit, selbständig 2u denken und gemeinsam zu arbeiten, und das soziale Verantwortungsbewusstsein können nicht besser entwickelt werden als durch das kritisch-dialogische philosophische Denken und die Ergänzung zu den andern Fächern, welche die Auseinandersetzung mit dem Gegenstand der Philosophie bringt.
- Von sich aus und ohne Hilfe findet aber ein Mittelschüler ebenso schlecht zur Philosophie wie zu den wissenschaftlichen Theorien und bedarf daher eines ernsthaften Philosophieunterrichtes, um das Maturitätsziel bestmöglich erreichen zu können.
Fragen
- Sind Sie mit den Thesen über die Notwendigkeit des Philosophieunterrichtes einverstanden?
- Fehlt etwas Wesentliches ?
- Welche Thesen sollten geändert werden ?
Thesen
- Der Philosophieunterricht leistet auch was der Unterricht der andern Fächer leistet (Denken lernen, lesen und hören, beobachten usw.), aber eben nicht nur das, weil er ein eigenes Ziel hat.
- Ohne erkenntnis- und wissenschaftstheoretische, formallogische und methodologische und methodeuteritische Kenntnis und Reflexion ist er als Unterricht unmöglich, weil ihm dann die wissenschaftliche Strenge fehlte.
- Ohne Arbeit an philosophischen Texten ist die Einübung in das philosophische Denken unmöglich, weil Philosophie ihre eigene Geschichtlichkeit reflektieren muss.
Diese Reflexion geschieht aber nicht im zur Kenntnis nehmen dessen, was dieser und jener Philosoph geschrieben hat, sondern im strengen Nachvollzug des Denkens, was ohne entsprechende Textarbeit nicht möglich ist. - Als Mittelschul-Philosophieunterricht kann dieser Unterricht nicht über das hinwegsehen, was die Schüler in den anderen Fächern lernen und was sie außerhalb der Schule erfahren und erleben.
Reflexion des Fächerwissens und Praxis- und Gegenwartsbezug sind somit unumgänglich.
Fragen
- Sind Sie mit diesen Thesen einverstanden ?
- Fehlt etwas Wichtiges ?
- Welche Thesen sollten geändert werden ?
- Kann man aufgrund dieser Thesen ein Rahmenprogramm entwickeln ?
4. Die praktischen Bedingungen für einen ernst zu nehmenden Philosophieunterricht
- Philosophieunterricht ist nur als eigenständiger Unterricht ernst zu nehmen.
- Ohne mehrjährige Arbeit, die sich als kontinuierliche in den übrigen Unterricht systemgerecht einfügt, ist das Ziel nicht erreichbar.
- Ohne Lehrer, die sich nicht durch ein angemessenes Studium auf den Philosophieunterricht vorbereitet haben, ist ein Philosophieunterricht unmöglich
- In den heutigen Verhältnissen heißt das:
- Der Philosophieunterricht muss während mindestens 2 Jahren mit einer den Mindestansprüchen eines Maturafaches genügenden Stundenzahl dotiert werden.
- Grundkurse (im Sinne von 4.1) sollten wo immer möglich durch zusätzliche Wahlfachkurse ergänzt werden.
- Der Unterricht ist durch Lehrer mit abgeschlossenem Philosophiestudium (Hauptfach oder erstrangiges Nebenfach) und wenn immer möglich mit Unterrichtsverpflichtungen, welche den Philosophieunterricht nicht notgedrungen zur Randbeschäftigung werden lassen, zu erteilen.
- Das Unterrichtsprogramm (Curriculum) muss den Lehrer auf die Philosophie verpflichten, aber auf jeden, das Ziel gefährdenden Stoffzwang verzichten.
Fragen
- Sind Sie mit diesen Thesen einverstanden ?
- Fehlt etwas Wichtiges ?
- Welche Thesen sollten geändert werden und wie ?